ANDREAS SCHMIDT-COLINET  
"Ich suche die Seleukiden"

Ort:

Palmyra, Terasse des Zenobia-Hotels.

Zeit:

1. Oktober 1981, nach dem Mittagessen.

Ambiente:

Große Hitze, der Verfasser und die Grabungsarchitektin Carla Müting sitzen im Schatten der Olivenbäume beim Tee.

Handlung:

Ein uralter VW-"Käfer" fährt vor, ihm entsteigt Robert Fleischer, in Shorts und T-Shirt in seiner unvergleichlichen jugendlichen Art. Nach herzlicher gegenseitiger Begrüßung antwortet er auf die Frage nach dem spezifischen Ziel und Zweck seiner Reise lapidar: "Ich suche die Seleukiden". (1) Eintrag im Grabungstagebuch tags darauf: "2. Oktober 1981, Freitag. Vormittags Führung über Grabung [Tempelgrab Nr. 36] für Fleischer, Parlasca und Wagner-Lux (mit Lehrkurs). [...] Abends langes interessantes Gespräch mit Fleischer im Zenobia-Hotel [...]."

Die Folgen:

Dieses Gespräch hatte Folgen: Seitdem wollte auch ich mal "die Seleukiden finden", und zwar in Palmyra. Robert Fleischer hat die Früchte seiner Suche in zahlreichen Schriften vorgelegt (2). Auch erste Früchte unserer Suche liegen nun vor und seien dem Jubilar auch "offiziell" dankbar zur Kenntnis gebracht, da sie eben nicht zuletzt durch ihn angeregt worden sind. Auch wenn wir (noch) nicht die Seleukiden gefunden haben, so doch immerhin die vorkaiserzeitlich-hellenistische Siedlung von Palmyra. Ein Vorbericht ist im Druck (3) und muß hier nicht wiederholt werden. Nur so viel: Außerhalb der kaiserzeitlichen Stadt liegt südlich des großen Wadi von Palmyra unter der Erde eine durch geophysikalische Prospektion im Magnetogramm sichtbar gemachte Siedlung (Abb. 1) auf einem Areal von ca. 20 ha. Erste Sondagen belegen hier eine Siedlungskontinuität vom 3. Jh. v. Chr. (Abb. 2) bis zum 3. Jh. n. Chr.

Da das Areal in spät- und nachantiker Zeit nicht mehr überbaut war, eröffnet sich hier für den syrischen Raum zum ersten Mal die Möglichkeit, eine hellenistische Siedlung großflächig und über einen längeren Zeitraum hinweg zu untersuchen. Ob man dabei auch "die Seleukiden" finden wird, muß die Zukunft lehren.

Plan
Abb. 1: Palmyra, Interpretationsskizze des Magnetogrammes der hellenistischen Stadt (nach H. Becker)

Amphorenhenkel
Abb. 2: Palmyra, Testsondage in der hellenistischen Stadt (1999). Rhodischer Amphorenhenkel des 3. Jhs. v. Chr.

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